Özil Türbas

ORIENTAL PSYCH/ MIDDLE EASTERN MUSIC

 

Während sich die meisten Abteilungen/Kategorien hoffentlich selbst erklären, verlangt diese Stilrichtung doch eine kleine Einführung. Seit Jahren fanden sich immer mehr Platten mit orientalischer Musik in der Psychedelic-Abteilung, bis es irgendwann so viele waren, daß es sinnvoll wurde, daraus eine eigene Abteilung zu machen. Während andere Sammler die entlegendsten Ecken der Welt nach noch unbekannten Platten ihrer bevorzugten Musikrichtung durchforsteten (und oft bei drittklassigen Kopien sattsam bekannter anglo-amerikanischer Vorbilder endeten und dafür nicht selten auch noch ein kleines Vermögen für zerkratzte Originale blechten) fand ich es weit interessanter (und ergiebiger) nach den Ursprüngen psychedelischer Musik zu suchen und die liegen zu einem guten Teil im Mittleren Osten und Indien (wo man nicht mal daran denkt, westliche Popmusik zu kopieren oder mit Resultaten, die man besser schnell vergisst). Lediglich die Türkei mit ihren starken westlichen Einflüssen entwickelte eine eigene unabhängige Rockszene, deren stärkste Momente aber wiederum in der Verarbeitung ihrer traditionellen Ursprünge liegen.

Mein eigenes Interesse an dieser Musik entwickelte sich vor etwa 25 Jahren, als ich das erste Mal Ravi Shankar hörte (und vor allem sah!!), die amerikanischen Kaleidoscope mit ihren starken türkischen Einflüssen und vor allem Orient Express, deren leider einzige LP ich immer noch für eine der besten Platten (nicht nur) dieser Richtung halte. Mittlerweile haben vielleicht einige von Euch auch bereits von John Berberian oder Erkin Koray gehört, aber das ist alles nur die Spitze der Düne. Es gibt in den diversen Ländern des Mittleren Osten und unter den Auswanderern aus diesen Ländern in die USA Hunderte von Gruppen und Musikern, die Euch wirklich die Gehirngänge durchblasen können, falls Ihr ein offenes Ohr für ungewöhnliche Instrumente und Sounds mitbringt, die beim ersten Hören vielleicht etwas schräg und seltsam klingen mögen. Diese spezielle Eigenschaft der Musik des mittleren Ostens ist auch der Grund, warum viele der dortigen Fundamentalisten Musik am liebsten generell verbieten würden. Menschen, die Spaß am Leben haben und selbständig denken können, brauchen solche Knicker nämlich nicht!

Ich rede hier nicht von der typischen türkischen Popmusik, die Ihr vielleicht aus Restaurants oder Kaffeehäusern kennt, und auch nicht von dem meist schrecklichen Stilmix, der als „Weltmusik“ verkauft wird und meist nur versucht, lahmarschige westliche Popmusik mit ein paar orientalischen Elementen aufzupeppen. Auch die fürchterlichen Sitar-Rock-Alben der späten 60er Jahre sind hier nicht gemeint, auf denen meist nur die gerade angesagten westlichen Hits auf einer Sitar geschrammelt wurden. Hier geht es vielmehr um traditionelle Volksmusik oder um klassische Musik (Indien) vor dem Hintergrund von Kulturen, die auf tausende Jahre Erfahrung mit Ekstase (nicht nur in der Musik) zurückgreifen können. Diese Jungs klingen psychedelisch, ohne auch nur zu wissen, was damit gemeint ist oder absichtlich so klingen zu wollen. Sie spielen einfach die Musik, die ihnen seit Jahrhunderten vertraut ist und manche sind einfach naturbreit und klingen, als wären sie als Kind in die Hookah gefallen. Schaut Euch nur die Fotos auf den Covers dieser Platten an und Ihr wisst, was ich meine. Wie abgedreht das wird, hängt natürlich von der Virtuosität der einzelnen Musiker, aber auch von dem Anlaß ab, für den die Musik gemacht wurde. Schon die ganz normalen Bauchtanzgruppen erreichen oft eine Intensität, von der viele westliche Musiker nur träumen können, aber wenn sie erst wirklich loslegen, dann fliegt Dir der Kopf weg. Deshalb war es kein Zufall, daß Jazzgrößen wie John Coltrane oder Herbie Mann auf der Suche nach neuen Tönen im mittleren Osten fündig wurden.

Marko Melkon
Marko Melkon – Hi-Fi Adventure In Asia Minor
Herbie Mann
Herbie Mann – Impressions Of The Middle East

Ihr werdet in dieser Abteilung ungewöhnlich viele US-Pressungen finden. Das liegt daran, dass sehr viele Immigranten aus den entsprechenden Ländern dort leben und arbeiten. Außerdem sind Aufnahmen aus den USA meist besser eingespielt und aufgenommen als aus Ländern des mittleren Ostens, wo es kaum Presswerke und gute Studios gibt. Zum anderen spielen Schallplatten als Tonträger dort kaum eine Rolle, denn wer besitzt schon eine Stereo-Anlage und angesichts der Hitze in diesen Ländern sind Kassetten und CDs sicher das geeignetere Medium. Wenn man schon mal Pressungen aus diesen Ländern findet, stellt man schnell fest, dass die Pressqualität in der Regel keinem Vergleich mit europäischen oder amerikanischen Standards standhält, ganz zu schweigen von japanischem Super-Vinyl. Wenn Ihr also wirklich an psychedelischer Trance-Musik interessiert seid, dann testet mal einige dieser Platten an.

Ich bin sicher, sie werden Euch nicht enttäuschen!

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